Wir trinken auf die Zukunft: Englischer Weinimporteur setzt auf internationales Wachstum

Bruno Besa gründete Astrum Wine Cellars 2007 gemeinsam mit langjährigen Freunden. Max Folli, Stefano Benato und Mark Perna stießen bald danach zum Team. Astrum spezialisiert sich auf Weine und Spirituosen kleiner Produzenten.

Der Wettbewerb in diesem Bereich ist groß. Die von Astrum importierten Weine und Spirituosen zählen zum exklusiven Marktsegment. So liefern die Produzenten nur begrenzte Mengen in ausgewählte Regionen. Astrum strebt im Vereinigten Königreich den Alleinvertrieb an.

Marco Michieletti, ein langjähriger Freund der Gründer, übernahm 2013 als Geschäftsführer die Logistik-Leitung. Wir haben uns mit ihm über die geschäftliche Entwicklung von Astrum, über seine Erfahrungen und zukünftige Pläne unterhalten.

Marco, wie hat alles bei Astrum angefangen?

Wir alle – die 3 Firmengründer, die anderen Direktoren und ich – kommen aus dem gehobenen Hotel- und Restaurantbereich und kennen uns schon seit den 1990er Jahren. Die Geschäftsidee entstand, als wir irgendwann abends zusammen an einen Tisch saßen und ein gutes Glas Wein genossen.

Hätten wir stattdessen einen guten Teller Sushi vor uns gehabt, hätte die Geschichte vielleicht einen anderen Lauf genommen.

Als die ersten Weine eintrafen, mussten wir entscheiden, wo wir sie aufbewahren wollten, denn wir hatten keine Lagerräume. Wir brachten sie schließlich in einer der Garagen unseres Direktors unter und warben daraufhin Kunden, indem wir an ihre Türen klopften.

Unser Ziel war es von Anfang an, kleinere Weinkellereien zu finden und zu vertreten, nicht die großen Namen. Oft handelt es sich dabei um Familienbetriebe, die weder über die Möglichkeiten noch Finanzen verfügen, ihre Erzeugnisse weltweit zu vermarkten.

Diese Strategie erwies sich als gewinnbringend. Viele dieser kleinen Erzeuger produzieren Weine mit hohem Sammlerwert, die weltweit begehrt sind – sei es in Hongkong, Dubai oder New York.

Wir sind nicht an Massenprodukten interessiert. Wir würden nie Wasser, Bier oder dergleichen verkaufen. Unser Ziel war es von jeher, gehobene Produkte anzubieten, die die Käufer im Vereinigten Königreich nur durch Astrum beziehen können.

Gab es auf dem Weg auch Probleme?

Viele. In den letzten 15 Jahren hatten wir 2008 die Finanzkrise, 2016 den Brexit und dann die COVID-Pandemie. Jetzt machen uns Inflation und Lieferkettenprobleme zu schaffen, da wegen des Ukrainekriegs Trockengüter wie Kartons Mangelware sind.

Während der Pandemie war alles geschlossen und wir mussten uns schnell umorientieren. Vor COVID verkauften wir gelegentlich privat an Restaurantkunden und meist auf Empfehlung des Sommeliers, wenn wir der Hauptlieferant des Restaurants waren. Letztlich waren das aber nur maximal 10 private Verkäufe pro Monat.

Dann kam der Lockdown und alle mussten zu Hause bleiben. Was konnten die Menschen dort tun? Trinken. Ich kam ins Büro, und über Nacht waren aus 10 privaten Bestellungen 250 geworden.

Wir hatten keinerlei Erfahrung mit dem Direktvertrieb an Endverbraucher und mit elektronischem Handel. Ein BWL-Student von der Oxford University sprang kostenlos als E-Commerce-Berater ein und erstellte ein Geschäftsmodell, mit dem wir der Nachfrage gerecht werden konnten.

Innerhalb einer Woche gründeten wir die Schwesterfirma Sociovino. Es mangelte aber an Lagerpersonal für die Kommissionierung und Verpackung. Also investierten wir selbst viel Zeit– tatsächlich so viel, dass ich in dieser heißen Phase nie die Sonne gesehen habe. Es war zwar eine schwierige Zeit, aber wir haben es geschafft und die Krise gemeistert.

Was sind Astrums Pläne für die Zukunft?

Wir haben uns vergrößert und direkt neben unseren bestehenden Räumlichkeiten eine weitere Halle übernommen, für die wir die Zulassung als Zoll-Lager beantragt haben.

Das bedeutet, dass Steuern und Abgaben erst nach dem Verkauf fällig werden. Ohne Zoll-Lager müssten sie vorab entrichtet werden. Das ist einer der Gründe, warum sich kleine Produzenten meist nicht lange halten können – weil sie oft in die Tausende gehende Abgaben bezahlen müssen, bevor die Ware überhaupt das Lager erreicht.

Wir brauchen das Zoll-Lager, um ins Ausland zu verkaufen. Derzeit mieten wir zwar eines, aber unser eigenes Zoll-Lager verschafft uns mehr Kontrolle. So handhaben wir die Ware mit unserem eigenen Team.

Derzeit wickeln wir den Auslandsverkauf über Kommissäre ab. Wir wollen jedoch unser eigener Broker werden und dabei weiterhin mit kleinen Familienbetrieben zusammenarbeiten.

Wie haben sich Ihre Platzanforderungen geändert?

Wir haben klein angefangen. Das war an einem viel entlegeneren Ort als heute. Dann wurde unser derzeitiges Lager verfügbar. Es war neu und durch seine Nähe zur Autobahn M25 für unsere Lieferwagen gut zu erreichen.

Unser Lager bietet derzeit Platz für 60.000 Flaschen. Durch die neue Halle nebenan verdoppeln wir diese Kapazität sogar noch. Außerdem haben wir in Italien Lager für 5 Mio. Flaschen. Von dort wird der Wein 2x in der Woche per Lkw angeliefert. In der Zukunft könnten weitere Lagereinheiten hinzukommen.

Unsere Raumnutzung im Vereinigten Königreich ist ein bisschen unkonventionell: So haben wir einen Teil der Büroräume im Obergeschoss in ein Musikstudio verwandelt. Freitags finden dort Jam-Sessions statt. Vor der Pandemie produzierte die Band CDs und spielte gelegentlich im Restaurant eines unserer Kunden.

Astrum Wine Cellars ist seit Juni 2009 Kunde von Mileway und mietet eine 315 m² große Lagereinheit. Die Anlage verfügt über ein Zwischengeschoss mit Büros und direkten Zugang vom Hof. Über die nahegelegene Autobahn (M25) besteht eine gute Verkehrsanbindung ans Londoner Zentrum. Im Mai 2022 mietete Astrum neben der bestehenden Einheit eine zweite Lagerhalle, die in ein Zolllager umgewandelt werden soll.

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